Gesetzmäßigkeiten der Internetökonomie

Gesetzmäßigkeiten der Internetökonomie

Der permanente Wandel der digitalen Technologie wird ganz entscheidend durch zwei Faktoren getrieben. Zum einen durch die steigende Rechenleistung. Sie geht einher mit einer zunehmenden Miniaturisierung der Geräte. Zum anderen bildet die Zunahme der Bandbreiten die Voraussetzung für ein immer schneller werdendes und leistungsstärkeres Internet. Die Mikroelektronik und die Telekommunikation bilden also die technische Grundlage dafür, dass die Digitalisierung kein abgeschlossener, sondern ein in der absehbaren Zukunft offener Prozess ist. Der damit einhergehende Wandel betrifft nicht nur die Technologie, sondern ebenso die Ökonomie und diese hat zwangsläufig auch Rückwirkungen auf die gesamte Gesellschaft.

In diesem Kontext werden immer wieder vier Gesetzmäßigkeiten genannt, auf denen der technologiegetriebene Wandel basiert. Das älteste und bekannteste ist das Mooresche Gesetz. Der Mitbegründer des Unternehmens Intel, Gordon E. Moore, veröffentlichte 1965 in der Zeitschrift „Electronics“ einen Aufsatz, in dem er formulierte, dass sich die Anzahl der Schaltkreiskomponenten auf einem Computerchip jährlich verdoppelt. Später korrigierte er die Angaben auf innerhalb von zwei Jahren. Auf den heutigen Stand der Technik bezogen würde man sagen, dass sich die Anzahl an Transistoren auf einem handelsüblichen Prozessor alle achtzehn Monate verdoppelt bzw. dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten im gleichen Zeitraum regelmäßig verdoppelt. Der permanente technologische Fortschritt, der oft auch als entscheidendes Element der digitalen Revolution bezeichnet wird, beruht also wesentlich auf der fortwährenden Chipentwicklung. Diese scheint mit den herkömmlichen Materialien Silizium und Siliziumdioxid in absehbarer Zeit an ihre Grenzen zu stoßen. Allerdings werden bereits neue Materialien entwickelt, die eine weitere Minimierung von digitalen Speichern ermöglichen sollen.

Mitte der 1990er Jahre konnte sich der heimische User über ein 28,8 KBit/s Modem bei seinem Internet-Service-Provider einwählen. Um 2000 wurden mit einem analogen Modem eine Übertragungsrate von 56,8 Kbit/s erzielt. Zur gleichen Zeit betrug unter Ausnutzung von ADSL und Fernsehkabeln die Übertragungsrate bereits 265 bzw. 512 Kbit/s. 2001 gab es in Deutschland 0,003 Millionen Breitbandanschlüsse. Ende 2017 hatten laut Bundesregierung fast 70 Prozent der 33,2 Millionen Breitbandanschlüsse in Deutschland über Festnetz Zugang zu mehr als 50 Megabit pro Sekunde.

Die Zahlen verweisen auf den sprunghaften Anstieg der Übertragungskapazitäten im Festnetz, die sich durch die mobilen ergänzen ließen. Selbst wenn Deutschland mit diesen Zahlen nur im europäischen Mittelfeld liegt, verdeutlichen sie die exponentielle Entwicklung der Kommunikationstechnologie. George Gilder, Autor einer Vielzahl richtungsweisender Publikationen zum Thema Mikroprozessor-Technik und Telekommunikation und vor allem des Gilder Technology Reports, formulierte auf der Basis empirischer Untersuchungen um das Jahr 2000 eine Gesetzmäßigkeit zur Entwicklung von Bandbreiten bzw. Übertragungskapazitäten. Danach wachsen die verfügbaren Übertragungskapazitäten digitaler Kommunikationskanäle dreimal so schnell wie nach Moore die Prozessor- bzw. die Rechenleistung. Das bedeutet, dass Gilder von einer Verdopplung der Kommunikationsleistung aller sechs Monate ausgeht. Die gegenüber der Rechenleistung noch schnellere Entwicklung der Bandbreite hat signifikante Auswirkungen auf die gesamte Informationstechnologie. Ein aktuelles Beispiel ist das rapide Anwachsen der Cloud-Technologie. Sie erlaubt es unter anderem Daten auch außerhalb des eigenen Computers zu speichern und sie damit auch für andere benutzbar bzw. bearbeitbar zu machen.

Grundlegende technische Innovationen, die sich auf den Märkten durchgesetzt haben, waren immer mit einem wirtschaftlichen Strukturwandel verbunden. Beispiele hierfür waren in der Vergangenheit etwa die Nutzbarmachung der Dampfkraft oder die Elektrifizierung mit ihren jeweils nachhaltigen Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt. Der mit der Digitalisierung verbundene technologisch-ökonomische Strukturwandel drückt sich in den folgenden zwei Gesetzmäßigkeiten aus. Sie verweisen insgesamt darauf, dass sich die Kostenrelationen signifikant verändern, der Wettbewerb sich insgesamt intensiviert, die Netzwerkökonomie zentrale Bedeutung gewinnt und sich die Markt- und Erlöspotentiale verschieben.

Die Digitalisierung bedarf einer neuen Infrastruktur, die den neuen Technologien Rechnung tragen. Das wurde bereits an Hand des Gilder-Gesetzes deutlich, das auf den schnellen Ausbau der Übertragungskapazitäten abzielt. Noch deutlicher drückt sich dies in der Huntley’schen Gesetzmäßigkeit aus. Sie verweist auf die hohe Kapitalintensivität und die damit verbundenen hohen Fixkosten, die mit digitalen Technologien verbunden sind. Nach Huntley sind die Investitionen in Telekommunikationsanlagen um etwa das zehnfache teurer als die in die bisherigen, also die vertrauten klassischen Produktionsanlagen. Diese hohen Kosten ergaben sich in der Frühphase unter anderem durch das erforderliche Mindestmaß an gewährleisteter Flächendeckung des Angebotes bei noch fehlender Nachfrage, der mangelnden Standardisierung und Koordinierung der Dienstleistungsanbieter usw., also insgesamt den Problemen der Diffusion einer neuer Technologie in die Volkswirtschaft und den privaten Gebrauch. In der Gegenwart steigt durch die zunehmende Software die Nachfrage nach Übertragungs- und Speicherkapazitäten auch der Bedarf an einer entsprechenden Infrastruktur nicht nur in den Ballungsgebieten, sondern auch in den Randgebieten. Zugleich veraltet die Technik durch die ständige Miniaturisierung bei gleichzeitiger Leistungssteigerung in einem bisher nicht gekannten Ausmaß.

Diese Tatsachen verweisen auch auf das Metcalfe-Gesetz. Danach steigt der Wert eines TK-Netzes nach der Überwindung einer kritischen Masse exponentiell zur Zahl der angeschlossenen Teilnehmer. Das heißt, Robert Metcalfe geht davon aus, dass der Nutzen von Kommunikationssystemen, wie beispielsweise Telefon, Fax und auch alle digitalen Netze etwa im Quadrat zur Anzahl der möglichen Verbindungen zwischen den Teilnehmern wächst. Demgegenüber wachsen die Kosten für das Netz nur proportional zur Teilnehmerzahl. Der Nutzen eines Netzes übersteigt also ab einer gewissen Größe dessen Kosten. Für den Einzelnen wiederum gilt, dass je größer die Zahl der Teilnehmer, desto wertvoller wird für ihn das eigene Gerät. Der Produktnutzen eines Konsumenten ist also abhängig von der gesamten Nutzerzahl. In der Volkswirtschaftslehre spricht man in diesem Fall von einem Netzwerkeffekt. Dieser Zusammenhang ist uns durch das Telefon oder das Faxgerät seit Jahren empirisch vertraut ohne unseren Nutzen zu beeinflussen. Dieses seit Jahrzehnten in der Telekommunikation bekannte Prinzip der direkten Netzwerkeffekte durch Systemtechnologien ist für digitale Netzwerke grundlegend.